Fähigkeitsnachweis für angehende Eltern

Fähigkeitsnachweis für angehende Eltern der Elternführerschein - unbequeme Notwendigkeit für eine bessere Welt?

18 Jul 2009

Kleine, aber sehr wichtige Grundlagen einer Gesellschaft sind deren Kinder. Die Qualität des Elternhauses, der Erziehung, und des staatlichen Schulwesens ist von existentieller Bedeutung, denn diese formen, bilden und gestalten das Wesen Mensch zu einem sozialen Teilstück der Gesellschaft. Kindergärten, Horte und Schulen sind bereits durch viele Sicherheitsmechanismen abgesichert, denn schliesslich möchte der Mensch seine Kinder von befähigten Personen unterrichtet wissen, die ihr Handwerk verstehen und über eine entsprechend fachliche aber auch pädagogische Ausbildung verfügen. Viele Kinder wünschen sich ebenso befähigte Eltern ...

Es ist nämlich ebenso skandalös wie bemerkenswert unlogisch, dass der Mensch zwar nahe an Schwellen, an denen er in ein gesellschaftliches System eingeführt wird, mit komplexen Systemen der Leistungsabgabe konfrontiert wird, um sein physisches, psychisches und/oder kognitives Niveau einstufen, überprüfen und vorbeugend überwachen zu können, während an der wichtigsten Schwelle in bezug auf das Leben und die Gesellschaft selbst, nämlich der der Geburt sowie der nachfolgenden Kindererziehung, gänzlich auf jegliche Überprüfung einer wirklichen Befähigung verzichtet wird.

In anderen Bereichen führen Befähigungsnachweise eine wichtige Funktion innerhalb des gemeinschaftlichen Zusammenlebens ein: So muss beispielsweise der angehende Autofahrer die Ordnungsregeln des Strassenverkehrs und den Umgang mit dessen Gefahren erlernen, damit er sich selbst und auch Andere nicht durch einen tödlichen Unfall in den Tod reisst. In dieser Beziehung scheint es sonnenklar, dass der Staat durch die Strassenverkehrsordnung seine Verantwortung zum Schutz des Bürgers kompromisslos wahrnehmen muss.

Dies war nicht immer so. Erst die stark ansteigende Verkehrsteilnehmerzahl zum Wechsel in das 20. Jahrhundert, als das Automobil erschwinglich wurde und die Wege und Strassen sich zunehmend mit Velozipeds, Fussgängern und Kraftfahrzeugen füllte, machte eine Strassenverkehrsordnung notwendig, die mit vielerlei Regeln aber auch Strafmassnahmen im Falle der Zuwiderhandlung das sichere, infrastrukturelle Zusammenleben ermöglicht. Die persönliche Freiheit wurde dabei nicht eingeschränkt, wie es zunächst erscheinen mag, sondern erst ermöglicht, durch ein geordnetes Zusammenwirken nach Regeln und Gesetzen. Strafzettel zur Ahndung von Regelbrüchen sind dem Menschen bereits zur Gewohnheit geworden. Niemand wird in schwerwiegenderen Fällen allen Ernstes bezweifeln, dass zum Schutz der Gesellschaft grobfahrlässige Handlungen durch Androhung harter Strafen strikt unterbunden werden müssen, wie beispielsweise das Autofahren unter Drogeneinfluss oder im alkoholisierten Zustand, wodurch das Leben und die Gesundheit der Mitmenschen bedroht wird.

Qualifizierte Fähigkeitsnachweise bilden die Grundlage des heutigen, geordneten Zusammenlebens. Ob im Strassenverkehr, zum Schulabschluss oder nach der Berufsausbildung - der Drogeneinfluss über eine erlernte Fähigkeit, eine abgeleistete Ausbildung oder eine bestandene Prüfung wird überall dort verlangt, wo der ausübende Mensch ein gewisses Mass an Verantwortung zu tragen hat, vor allem in bezug auf seine Umwelt.
Ohne die Möglichkeit der Überprüfung, ob eine Person über eine entsprechende Ausbildung bzw. Fähigkeit verfügt, würde der Mensch in die dunklen Zeiten des Mittelalters zurück katapultiert werden, in dem Gaukler, Quacksalber und falsche Heilsbringer die Menschen im einfachen Fall an der Nase herumführten, in schlimmeren Fällen jedoch Tod und Verderben brachten, schlicht und ergreifend deswegen, weil sie nicht die tatsächliche Fähigkeiten und das tatsächliches Wissen zur Heilung einer Krankheit besitzten. Als Folge dessen geniesst der aufgeklärte Mensch der heutigen Gesellschaft den Schutz und die Sicherheit, beispielsweise in einem Krankenhaus nur von ausgebildeten Fachkräften behandelt zu werden.

Aber genau an der Stelle, wo der Schutz der Gesellschaft seinen eigentlichen Ursprung nimmt, nämlich bei der Kinderzeugung und -erziehung, wird auf vergleichbare Fähigkeitsnachweise grosszügig verzichtet. Familienplanung sei intimste Privatsache und ginge den Staat nichts an, wird argumentiert, und die grauenvolle Vision des «Big Brother» von Orson Wells' Roman «1984» steigt vage ins Bewusstsein. Kameras im Schlafzimmer? Wer darf wann, wo und wie oft?

Doch das Thema ist zu wichtig, als dass man es auf diese polemisierende Weise reduzieren darf. Es sei darauf hingewiesen, dass der Ur-Gedanke, die Familienplanung und Kindeserziehung prinzipiell dem Staat zu überantworten, von Platon stammt, dem grossen Philosophen der hellenistischen Antike. Die seinerzeit ähnlich anstossende und revolutionäre Idee, der Familie die Kinder «wegzunehmen» (so die damalige Auffassung) und in Kindergärten und Schulen staatlich zu erziehen, hätte ihn leicht den Kopf kosten können. Heute, zweieinhalb Tausend Jahre später, bilden staatliche Erziehungs- und Schulsysteme den akademischen Grundpfeiler der Gesellschaft.

Vielleicht fiel es Platon damals leichter, vernünftige und wertvolle Gedanken zu hegen. Er musste noch nicht - wie der Mensch von heute - ständig auf vergangene Politik-Apokalypsen Obacht geben, die sich einst ereigneten und als «rotes Tuch» das Denken ganzer Völker lähmen. Vorschläge und Ideen, die an sich vernünftig und fortschrittlich wären und mit ihrer Umsetzung zum Gemeinwohl der Gesellschaft beitragen könnten, werden aufgrund ihres politischen Missbrauchs, der ihnen einst wiederfahren ist, fortwährend und zwanghaft ignoriert. Zum Schaden Aller.

Die Kritiker eines «Befähigungsnachweises für Eltern» werden dabei nicht müde, auf angeblich vorhandene, nationalsozialistische Analogien zu verweisen und eine staatliche Überprüfung, ob eine Familie über entsprechende Voraussetzungen sowie Fähigkeiten zu deren Gründung bzw. Erhalt verfügt, kategorisch abzulehnen, mit dem dummdreisten Hinweis, dass sich der Staat nicht in die Intimssphäre der Familie einzumischen hätte. Wäre es aber so einfach, jede unpopuläre aber dringend notwendige Massnahme mit derartig sinnfreien Argumenten ad acta legen zu können, dann dürfte - in folgerichtiger Konsequenz - niemand mehr die Autobahn benützen, denn schliesslich war es ein ebenso nationalsozialistischer Staatsmann, der deren Bau in weiten Teilen Europas initiierte und kriegsvorbereitend als zivile Infrastruktur tarnte. Lächerlich, nicht wahr? Es liessen sich einige weitere Beispiele anführen, an denen anschaulich gemacht werden kann, dass der Mensch durchaus in der Lage ist, historische Ideen, Vorschläge und Meinungen, trotz ihres historischen Missbrauchs, erneut anhand der Vernunft zu überprüfen und sie damit zum grossen Nutzen der Gegenwart zu führen (im umgekehrten Fall erhebt der Mensch tagtäglich grauenvolle, menschenunwürdige und primitive Ideen, wie zum Beispiel die der Todesstrafe, zu gängigen und in weiten Teilen akzeptierten und sogar bejubelten Alltagspraktiken).

Nein, es geht nicht darum, diskriminierendes, rassistisches oder anderweitig menschenverachtendes Gedankengut als Grundlage gesellschaftlicher Normen zu etablieren. Im Gegenteil.
Die vielfältigen sozialen Absicherungen der «zivilisierten Welt» erlauben es gegenwärtig nahezu jedem Menschen einer Industrienation, seine eigenen Kinder in die Welt zu setzen. Jeder hat das Recht auf persönliche Entfaltung und die eigenen Kinder sind schliesslich dessen Gipfel. Was ist daran falsch?

Nicht viel, wenn der Mensch in bezug auf Verstand und Vernunft derart gebildet wäre, dass ein ausreichendes Verantwortungsbewusstsein vorhanden wäre, das als Grundlage einer gedeihlichen und erhebenden Erziehung der Kinder zum Tragen käme.
Die Realität sieht leider anders aus: Viele Kinder in Europa wachsen in desolaten familiären Verhältnissen auf. Dazu zählen arme Familien, die sich die Verpflegung und Erziehung der Kinder nicht leisten können, Familien, die durch Alkohol und Drogenkonsum eines Elternteils oder beider Elternteile die Verantwortung für ihren Nachwuchs nicht übernehmen können und Familien, die durch die oft blutige Gewalt der Erziehenden nur noch der Form nach als Familien bezeichnet werden können.

Unschuldige Kinder wachsen sehr oft in kriminellen, verarmten und/oder gewalttätigen Verhältnissen auf, als sei «Erziehungsberechtigung» ein Freibrief zur Verantwortungslosigkeit und keine hohe Pflicht gegenüber den Kleinen und Kleinsten.

Warum darf eine Mutter, der durch ihren Alkoholkonsum bereits das Erziehungsrecht von ihren drei Kindern entzogen worden ist, ein weiteres Kind in die Welt setzen, obwohl von vornherein feststeht, dass dieses ebenfalls in einem Internat oder Kinderheim aufwachsen muss, ohne die Liebe und Fürsorge der leiblichen Eltern?
Warum darf eine tödlich kranke Frau, die mit HIV infiziert ist, ein weiteres, neues Leben in die Welt setzen, mit der Begründung, sie möchte vor ihrem Tod das Erlebnis der Geburt erfahren, obwohl feststeht, dass sie als Mutter ihre Pflicht nicht mehr wird wahrnehmen können?
Ist der eigene Kinderwunsch nicht oft eine Ausartung des eigenen Egoismus'? «Ich will ein Kind! Nach mir die Sintflut.»

Es ist Aufgabe des Staates, solchen Missbrauch in und an der Gesellschaft zu verhindern. Dabei darf die persönliche Freiheit, die jedem Menschen in seinem Wunsch nach Kindern naturgemäss zusteht, nicht zur sozialen und rechtsstaatlichen Immunität zweckentfremdet werden.
Für eine korrekte Erziehung von Kindern sind viele wichtige Voraussetzungen nötig, damit diese in eine freiheitliche, gedeihliche, harmonische und gesunde Zukunft geführt werden können. Sobald diese Voraussetzungen fehlen, ist es unabwendbar, dass dem Kind oder den Kindern ein Mangel, wenn nicht sogar ein schwerwiegender Schaden an Leib und Psyche entsteht.

Die Zeit erfordert es, dass angehende Eltern zum einen auf diese Voraussetzungen hin überprüft werden und zum anderen eine Ausbildung in Pädagogik mit einer entsprechenden Prüfung absolvieren müssen. Dies nicht, um all den ehrlichen, harmonischen, wertvollen und verantwortungsbewussten Familien ihren Kinderwunsch zu versagen, denn diese werden gern und leicht ihre Fähigkeit zur Kindererziehung unter Beweis stellen, sondern um all den achtungs- und respektlosen, verantwortungslosen und egoistischen Menschen einen Riegel vorzuschieben, die Ihre Selbstverwirklichung auf dem Rücken ihrer Kinder austragen und auf Kosten derer das eigene «Elternglück» erzwingen.

Angehende Eltern müssten auf folgende Voraussetzungen hin überprüft werden:

  • Erwerb eines «Befähigungsnachweises zur Erziehung von Kindern» durch Besuch entsprechender Ausbildungskurse
  • Keine Suchtabhängigkeiten (Alkohol, Drogen, Medikamente etc.)
  • Keine schwerwiegenden Krankheiten (HIV, Krebs etc.)
  • Psychische Gesundheit (keine Depressivität, Schizophrenie etc.)
  • Keine bewusstseinsmässige Behinderung (Autismus, Down-Syndrom etc.)
  • Nachweis einer soliden, materiellen Erziehungsgrundlage (finanzielle Absicherung des Kindes, menschenwürdige Wohnräumlichkeiten etc.)
  • Keine Mitgliedschaft in rechtsextremen, terroristischen und anderweitig menschenverachtenden Organisationen
  • Keine Prostitution eines Elternteils

Es liessen sich viele weitere, sinnvolle Vorschläge erarbeiten (siehe dazu Artikel «Elternschaft und Kinderwunsch» von Christian Frehner, Wassermannzeit-Verlag). Sie alle haben das Ziel, eine menschenwürdige Grundlage für die Kleinsten und Kleinen der Gesellschaft zu schaffen, den Kindern.

Bei oberflächlicher Betrachtung mögen einige dieser Vorschläge als drastisch und krass erscheinen, nicht jedoch, wenn sich der gravierende Missbrauch ins Bewusstsein zurückgerufen wird, der heute am Kinde verbrochen wird. In Wahrheit sind dies Vorschläge wahrer Humanität, die vorbeugend und dadurch an der Wurzel packend viele Folgeprobleme angehen würden. Kindererziehung darf nicht zum Versuchsfeld unreifer, unfähiger und damit schadensverursachender Menschen werden, die blind ob ihres Egoismus' alles missbrauchen, dass zu ihrem Vorteil gereicht, selbst ein unschuldiges Kinderleben.